Eine erfolgreiche Digitalisierung beginnt mit effektiver Kommunikation

Eine erfolgreiche Digitalisierung beginnt mit effektiver Kommunikation

Heute erhielt ich die Mail eines Beratungsunternehmens zum Thema Digitalisierungsstrategie, in der die Bedeutung moderner Schlüsseltechnologien hervorgehoben wird. Die Planung des Einsatzes neuer Hardware und Software sowie der nötigen Ressourcen inklusive der sogenannten „Menschlichen Ressourcen“ (HR) sei der Schlüssel zum Erfolg. Die Ursache für scheiternde die Digitalisierung liege an der mangelnden Planung, so der Absender. Die Mail endet mit der Frage: Kommt Ihnen das bekannt  vor? 

JA – das kommt mir bekannt vor, allerdings nicht im Sinne des Absenders! Aus meiner Sicht ist es  genau dieser Ansatz, der die technische Detailplanung and den Beginn setzt, welcher oft zum Scheitern führt.

Es kommt mir also bekannt vor, dass Digitalisierung sehr oft und vorwiegend als zu  planender technischer Prozess betrachtet wird.

Es kommt mir bekannt vor, dass sich in vielen Unternehmen die Unternehmensberater  die Klinke in die Hand geben, ohne nachhaltigen Erfolg zu erzielen, aber dabei im Wesentlichen immer denselben Ansatz verfolgen. Das kommt Einsteins Definition von Wahnsinn schon sehr nahe:

Die Erkenntnis wurde Einstein in den Mund gelegt

Wir sollten also den Ansatz ändern, um nachhaltigen Erfolg zu erzielen. Digitalisierung ist nicht nur Technik, nicht nur Effizienzsteigerung. Effektivität kommt vor Effizienz: erst das Wesentliche richten, dann die Effizienz steigern.

Das Wesentliche: Effektive Kommunikation

Warum wird eine effektive Kommunikation immer wichtiger? Durch die Digitalisierung werden viele Unternehmen aus der Komfortzone gerissen. In der sogenannten VUCA Welt (engl. Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) ist alles in Bewegung. Als Beispiel für die gewaltige Beschleunigung kennen wir die Same-Day-Lieferung von Amazon. Dahinter steckt eine massive Veränderung in der gesamten Wertschöpfungskette. Kein Auftrag innerhalb der Wertschöpfungskette ist mehr sicher. Jeder muss schnell liefern, und das in guter Qualität. Wer nicht mithalten kann, verschwindet vom Markt. Eine Customer Journey zeigt beispielhaft, wie sich die Anzahl der Schnittstellen erhöht hat. Jede Schnittstelle zerrt und fordert (Pull Prinzip) und wird selbst gefordert. Der Markt wird komplexer. jeder hängt von jedem ab.

Viele Unternehmen führen ihre jahrzehntelange Erfahrung als Wettbewerbsvorteil auf. Das war ausreichend in komplizierten Systemen. Komplexen Systeme geben sich mit dieser, meist in Hierarchien manifestierten Erfahrung nicht zufrieden. Lassen Sie mich das am Beispiel eines sehr komplexen System verdeutlichen, unserem Gehirn.

Im Gehirn gibt es keine zentrale Steuerung, stattdessen gibt es Areale, jedes zuständig für bestimmte Funktionen. Diese sind jedoch nicht hierarchisch organisiert, sondern interagieren und vernetzen sich kontinuierlich neu, je nachdem was wir gerade tun. Wenn wir Sport machen, wenn wir Holz hacken, wenn wir schreiben – werden unterschiedliche Areale tätig und vernetzen sich dementsprechend. Auch unbekannt Aufgaben stellen für uns daher keine oft keine Herausforderung dar. Wir lernen schnell durch neue Vernetzungen der Areale. Dabei sind immer alle Disziplinen eingebunden (sehen, hören, fühlen, riechen, etrc.). Das funktioniert durch eine flexible und dynamische Kommunikation zwischen den Areas über lernende Synapsen.

Analogie: Für komplexe Systeme wie den Markt aber auch für gesamtheitliche  Krisenbewältigung (Klimakrise) brauchen wir effektivere Organisationen als die ehemals bewährte Hierarchien. Vergleichen wir uns Menschen also mit den Synapsen in unserem Gehirn.  Wir müssen kontinuierlich kommunizieren, unsere Zusammenarbeit den sich ändernden Anforderungen flexibel anpassen.   Jeder muss innerhalb seines Kompetenzbereiches Verantwortung übernehmen (Adler-Prinzip) und wir müssen mit allen Disziplinen (Fachbereichen, Kunden, Partnern) eng zusammenarbeiten.

„Manage the System not the People“

Manage das System nicht die Menschen, das sollte der Leitsatz eines zeitgemäß geführten Unternehmens sein. Führung bereitet den Rahmen, die Kultur, die Infrastruktur und bringt die Menschen in die Lage sich selbst weiterzuentwickeln und sich besser zu organisieren. Genauso wie wir unser Gehirn gesund ernähren, es trainieren, mit Lernstoff versorgen, uns Ziele überlegen, ebenso sollten wir unsere Organisationen voranbringen. Es geht dabei darum,

  • Mitarbeitern die Zusammenarbeit und Interaktionen innerhalb des gesamten Unternehmens zu ermöglichen,
  • Informationen rund um die Digitalisierungsziele und die Organisationsziele zu vermitteln,
  • allen Mitarbeitern eine Vernetzung zu ermöglichen,
  • Interdisziplinare Prozesse zu koordinieren, und Selbstorganisation zuzulassen
  • Mitarbeiter zu befähigen, neue Ideen einzubringen und zu kommunizieren,
  • Mitarbeiter zu befähigen, ihre Aufgaben optimal durchzuführen,
  • gemeinsame Organisationswerte und -ziele kontinuierlich zu kommunizieren,
  • das Gemeinschaftsgefühl stärken,
  • Mitarbeiter zu motivieren, sich für die Organisation einzusetzen und
  • allen Mitarbeitern Wertschätzung zu vermitteln.

Das kann man als effektive Kommunikation bezeichnen. Wenn man obige Liste betrachtet, könnte man auf die Idee kommen, die effizienteste Art die einzelnen Punkte zu gewährleisten sei es, alle Infos (Leitsätze, Ziele, Strategien, Werte, Prozesse,..) auf einem Server abzulegen und gut ist es.

Dazu ein Beispiel: Ich war einmal mit 20 Managern eines Unternehmens auf einem 3 tägigen Strategieworkshop. Der Flurfunk war bereits Tage zuvor auf Dauersendung.  Die Ergebnisse des Workshops wurden in einer 300 – seitigen PDF Datei zusammengefasst. Die Manager wurden beauftragt innerhalb einer Woche Ihre Bereiche über das Ergebnis des Workshops zu informieren.

Was glauben Sie, wie lange es gedauert hat, bis alle Manager ihre Verpflichtung erledigt hatten?

Genau 1 Tag ! Denn am nächsten Tag konnte man die entsprechende PDF – Datei mehrfach auf unterschiedlichen Bereichsservern finden, je nach Manager wurden die Mitarbeiter mittels Mail und Link über den Ablageort informiert. Effizient? Vielleicht auf den ersten Blick. Aber sicher nicht effektiv,  nicht wertschätzend, nicht motivierend, nicht nachhaltig.

Ich habe in den Tagen danach einige Mitarbeiter befragt, welche Auswirkungen, den die Workshopergebnisse für sie hätten. Keiner konnte mir die Frage beantworten. Allerdings hörte ich viele Befürchtungen, Annahmen und Verschwörungstheorien.

Wir haben uns sehr schnell  mit den Managern und Ihren jeweiligen Mitarbeitern zusammengesetzt und kommuniziert, warum wir auf Workshop waren, welche Herausforderungen bestehen, was wir beschlossen hatten und was das für jeden Bereich (Vertrieb, Produktion, Entwicklung, Verwaltung) bedeuten könnte. Welche Ziele würden sich jeder Bereich und jeder Mitarbeiter daraus ableiten. Wir haben dies in mehreren Runden weiterentwickelt. Der Flurfunk verstummte, in den kommenden Monaten sanken die Krankmeldungen signifikant.

Kommunikationswege und Medien

Der Begriff Digitalisierung legt nahe, dass Informationen heute effizient per Mail verschickt werden. Das Beispiel zeigt, dass dies gründlich schief gehen kann. Die Universität Leipzig hat zusammen mit Staffbase 2020 in einer Studie u.a. veröffentlicht, welche Themen, sich effektiv und effizient auf welche Art kommunizieren lassen.

Quelle: 2020, Aus einer Studie der Universität Leipzig und Staffbase,

Gerade im Rahmen einer Digitalisierungsstrategie, also im Transformationsprozess ist es für die Nachhaltigkeit wichtig, gemeinsam mit Führungskräften und Mitarbeitern ein Kommunikationskonzept zu entwickeln. Tägliche Stand-Up Meetings, Jour fixes, Mitarbeiter Präsentationen (Präsentationen in denen die Mitarbeiter ihre Ideen vorstellen), Zweiergespräche, Teambesprechungen, Informationsveranstaltungen sind Beispiele für mündliche Kommunikation. Mails, Ablagen auf Sharepoints oder in der  Firmen-Cloud sind Beispiele für Digitale Kommunikation.

Videokonferenzen, Zoom Meetings, die sich seit der Pandemie mehr durchgesetzt haben würde ich unter die mündliche Kommunikation einordnen. Allerdings ist hier besondere Vorsicht geboten und viel Sorgfalt in die Vorbereitung zu legen, damit sich jeder wertgeschätzt fühlt und abgeholt wird. Nicht jeder kommt mit dem Medium gleich gut zurecht.

Mythos: Das gilt für unseren Familienbetrieb nicht

Einen Satz, den ich häufig höre: „Das mag alles für große Konzerne zutreffen nicht aber für unseren Familienbetrieb (100 Mitarbeiter). Ich frage dann: Haben sich die Anforderungen an Ihr Unternehmen in den letzten Jahr nicht geändert, sind Ihre Kunden nach wie vor mit Qualität, Leistung und Preisen zufrieden, gibt es keine bedeutenden Wettbewerber und ist die Fluktuation und die Krankmeldungsrate auf niedrigem Stand stabil, dann mag das vielleicht für Sie nicht wichtig sein.

Aber schauen wir uns noch kleinere Unternehmen an, sogenannte Start-Ups, da machen viele von Anfang an einiges richtig:

Viele machen einiges von Anfang an richtig:

  • Tägliche Stand-Up Meetings ermöglichen eine effektive Kommunikation
  • Integrierte eng vernetzte Teams integrieren alle Fähigkeiten in den Teams
  • Jeder der Verantwortung übernimmt hat auch die notwendigen Befugnisse (Entscheidungs-, Weisungs-, Informationsbefugnis, etc,)
  • Jeder kennt die Ziele und hat ein Bild davon, was und wie der Einzelne zur Zielerreichung beitragen kann
  • Gegenseitige Wertschätzung ist die Grundlage der Zusammenarbeit
  • Man feiert Erfolge
  • Man führt regelmäßige Lessons Learned durch und kommuniziert diese 
  • Man arbeitet mit Flipcharts, Post-Its und Metaplanwänden

Eine persönliche Erfahrung: Einer meiner Kunden, Familienbetrieb, vorwiegend Facharbeiter aus allen Bereichen der Metallberarbeitung. Die Mitarbeiter waren zu Beginn unserer Zusammenarbeit sehr unsicher eigenverantwortlich kleine Gruppenbesprechungen einzuberufen und mit Post-Its an Flipcharts zu arbeiten. Tägliche 10 minütige Stand-Ups waren den meisten fremd. Anfänglich fanden viele alles blöd und „affig“. Heute ist all das Teil ihrer Arbeitskultur.

Zusammenfassung

Der Markt befindet sich in einem kontinuierlichen Veränderungs- und Beschleunigungsprozess (VUCA).

Aus komplizierten Rahmenbedingungen (Ende 2000er) sind komplexe Bedingungen geworden.

Komplexe Systeme lassen sich nicht mehr hierarchisch steuern und planen, mehr Selbstverantwortung und mehr Selbstorganisation sind notwendig

Jedes Unternehmen vom Start-Up, über KMUs bis zum Großkonzern ist heute Teil des Komplexen Systems

Die Digitalisierung ist ein Transformationsprozess.

Manage the System not the People – ist der Leitsatz der Transformation, der Teil der Unternehmenskultur werden sollte

Effektive Kommunikation ist Basis für den Transformationsprozess.

Eine erfolgreiche Transformation baut auf das Adler Prinzip

Ich hätte all das auch als Agile Vorgehensweise bezeichnen können, vermeide dies weitgehend, da solche Begriffe gerade auf Mittelstandsbetriebe bzw. KMUs oft befremdlich wirken und weiteren Mythen Nahrung bieten.

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